Regionalplan Bodensee Oberschwaben Stellungnahme von Anna Pröbstle

Mein Zugang

Sie fragen sich sicherlich warum gerade ich hier als Frau unter 40 hier vor Ihnen steht und das Eingangs-Plädoyer zur Vollversammlung für unsere Fraktion spricht. Vermutlich weil ich eine der Personen ist, die am meisten von diesem Regionalplan betroffen sein wird. Selber bin ich Bio-Bäuerin mit unserem Familienbetrieb in Scheer, den wir von unserem Vater übernommen haben. Auch meine Mutter kommt von einem Bauernhof in Tettnang. Ich bin tief mit dem Land, der Natur und den Landschaften verwurzelt.  Bevor ich mich entschied wieder zurück nach Oberschwaben zu kommen, war ich zum Studium der Geographie und Ethnologie in anderen Städten, auch im Ausland unterwegs. Meine Feldforschung bei indigenen Gemeinden die so verwurzelt mit ihrem Land sind zeigte mir, dass wir Bauern die letzten sind die den Boden als Schatz unserer Zukunft überhaupt verstehen, die bewirtschaften und fit für die nächste Generation machen. Ich sah, wie sie für ihr Land, ihr Erbe, das Erbe aller Menschen kämpften. Das war der Grund warum ich wieder in meine Heimat zurückgekommen bin und für den Erhalt dieser Böden zu kämpfen. Ich bin aber auch Unternehmerin mit vollem Herzen und möchte diese Region nachhaltig, ökologisch und sinnvoll für die nächste Generation gestalten.

Kumulation

Undurchsichtiges Zahlenwerk – Zahlen den Landkreis werden nicht hinzugezählt

Hier geht es um fast 3000ha Boden, der in den nächsten 15 Jahren verbaut werden soll.  Zusätzlich zu dieser Zahl kommen nochmals mind 400ha an Wohnungsfläche die durch den §13b BauGB ausgewiesen wurden, plus zusätzlich die Zahl aller Baugebiete die bereits genehmigt aber noch nicht begonnen wurden. Gleich verhält es sich mit der Zahl der Gewerbegebiete, diese müssen mit den Zahlen der Gewerbegebieten in den Gemeinden die bereits ausgewiesen wurden addiert werden.

Flächenfrass und Böden als CO2 und Wasser Speicher

Auch wenn die besonders die KollegInnenen der CDU und weitere Bürgermeister das Wort Flächenfraß nicht gerne hören, möchte ich den Fraß unseres Bodens genau betonen und ihnen nochmals erklären, dass wir unsere Klimaziele  mit dem immer-weiter so knallhart verfehlen.  Jeder der den Klimawandel nicht mit der Bodenversiegelung in Verbindung bringt, hat das oberste Schutzgut Boden nicht verstanden. Intakte und humose Böden sind neben ihrer Fähigkeit Co2 zu speichern auch die wichtigsten Speicher an Wasser. Wasser was wir in immer heißeren Jahren dringend brauchen. Leider wird durch die Versiegelung dieser hier ausgewiesenen Flächen einen erheblichen Anteil, dass in unserer Region über 3000ha in Zukunft seine Fähigkeit C02 zu speichern größtenteils verlieren, da ihnen die biologische Funktion entzogen wurde. Leider steht hierzu rein gar nichts im Regionalplan. Sind sie sich als Mandatsträger hierüber bewusst?  Ich bezweifele, dass zur Speicherkapazität von C02 und Wasser in Böden etwas im hier angewandten Klimabericht  von 2009 steht. Es geht darum wichtige Verbindungen zu verstehen.

Studie der Bevölkerungsentwicklung zweifeln wir an

Wir als Fraktion zweifeln die Bevölkerungsprognose auf der die angebliche Berechnung fußt zweifeln wir an. Unsere Fraktion hat die Zahlen nach Anleitung dem Hinweispapier des WM gerechnet und kommt bestenfalls auf die Hälfte der Fläche.

Potentialprüfung?

Zu welchen Gemeinden gibt es denn bereits Potentialprüfungen nach bereits vorhandener, leerstehender Wohnfläche,  ein Monitoring an Verdichtungsmöglichkeiten, Konzepte die für Jung und Alt nützlich sind. Ebenfalls wo sind die Potentialprüfungen im Gewerbebereich, Aufstockungsmodelle, Modelle des Flächen- oder Ressourcenrecyclings. Aber nein, es gibt anscheinend immer noch zu viel Fläche in Oberschwaben. Bevor 3000ha aus dem Ärmel geschüttelt werden hätte man dieses Potential überprüfen sollen, das wäre ein veritables Zukunft Konzept gewesen und auch Aufgabe einer nachhaltigen Raumplanung.

Regionalplan Methodik – Veraltete Geographie – Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel

Ich bin überzeugt davon, dass man nicht nur für das verantwortlich ist was man tut, sondern auch das was man nicht tut, also das was man Sicht zu seinem Verantwortlichkeitsbereich macht. Als ich mein Studium der Geographie 2012 abschloss, waren große Oberthemen wie die Erforschung des Klimawandels sowie die Geographie der Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Verkehrsplanung im Raum feste Bestandteile des Studiums. Leider muss ich auch hier sagen, dass auch geographischer, raumplanerischer Sicht eher mit Methoden der 80er Jahre gearbeitet wurden, anstatt der Situation gerecht zu werden. Klimakrise als Stichwort. Leider bewahrt der RVBO darauf den Regionalplan  mit einem Klimagutachten zu rechtfertigen, der aus dem Jahr 2009 stammt. Ich frage mich nur, was wir 2009 bereits über den Klimawandel wussten? In den letzten 12 Jahren sind unabdingbare wissenschaftliche Erkenntnissen dazu gekommen, wie wir raumgreifend  umsetzen müssen. Die Macher des Regionalplans verpassen diese Chance, die für unsere Kinder und Kinderkinder  irreversibel und somit unverzeihbar ist. Erst diese Woche alarmierte die Europäische Umweltagentur mit ihrem Bericht zur Lage der Naturräume in Europa, sagend, dass 82% der Naturräume bedroht sind. Warum reagiert der RVBO nicht auf diese überhörbare Quellen, warum tut er so, dass eine veraltete Analyse aus dem Jahr 2009 ausreichend ist?

Verkehr

Viele fette große Straßenprojekte, eines davon die B311. Werden die Planungen wahr,  wird der Wald den meine Großeltern angelegt ebenfalls für dieses Straßenprojekt gefällt. Wer fällt heute noch Wälder für Autopisten? Der Regionalplan reagiert auf die stets mehr werdenden Autos – und zeichnet eine Dystonie – zeigt jedoch nicht genug die Alternativen zu diesen Mega-Straßenprojekten auf.

Wirtschaftsentwicklung ja, aber

Eine nachhaltige Entwicklung im Raum kann ich weder für unsere Wirtschaft erkennen, denn allein zu glauben, dass alleine die Ausweisung von neuen Flächen  die Wirtschaft stärkt ist doch fatal, es braucht komplett neue Konzepte für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Oberschwaben bei denen regionale Wertschöpfungsketten im Raum,  Digitalisierung und dem Überleben kleiner traditionsreicher Handwerksunternehmen,  im Zentrum stehen.  Gerade jetzt in Zeiten von Corona brauchen wir ein anderes Denken wie sich unsere Wirtschaft entwickelt, das scheinbare Allheilmittel der Flächenausweisung wird hier nicht helfen.

Punkt Erneuerbare Energien fehlt im Regionalplan komplett

Ein wesentlicher Punkt: Es kann nicht sein, dass seit 1996 ein Regionalplan ausgewiesen wird, der das Kapitel „Erneuerbare Energien“ auslagert und noch weiter nach hinten schiebt. Auch hier werden wichtige Chancen verpasst. Es ist fatal.

Demokratie sich immer wieder erstreiten müssen

Nun bin ich hier und habe letzte Woche Freitag ein Paket mit 2005g Papier erhalten.  Ich frage mich, ob überhaupt gewollt ist dass wir Mandatsträger die Seiten studieren, hinterfragen und entwickeln. Meine Antwort ist Nein. Demokratische Arbeit sieht für mich anders aus. Unsere Fraktion hat durch unsere Anträge und unsere Anmerkungen in den letzten Ausschüssen versucht  durch neue richtungsweisende nachhaltige Einbringungen den Regionalplan nachhaltig mitzugestalten. All unser Mitwirken war nicht erwünscht, all unsere Anträge wurden nicht angenommen.

Schlussworte

Ich kann diesen Plan einen Lobbyplan nennen, einen Plan der von kurzen Dienstwegen gerade zu schreit, einem Plan der von den Bürgermeistern und nicht von uns Bürgern, gar Mitgliedern des RVBO gestaltet wurden. Vorratshaltung in Fläche ganz ohne Zurückhaltung – dass hiermit ca. 100 Bauernhöfe in der Zeit alleine durch diesen Regionalplan wegfallen – kein Wort dazu.

Diese Worte waren nötig, denn wir treten ein für einen wirtschaftlich sinnstiftenden, klimagerechten und sozialen Regionalplan, was wir von diesem Entwurf nicht behaupten können. Dieser Plan ist für mich alles andere als ein Zukunftsplan, der ein lebenswertes Oberschwaben abzeichnet.

Für eine wirtschaftliche starke, ökologisch nachhaltige und soziale Region Bodensee-Oberschwaben.