Bericht zur Bundesdelegiertenkonferenz vom 14.-16. Oktober 2022 in Bonn

Von Xenia Rebsam

Es war mir eine große Freude, als Ersatzdelegierte und gemeinsam mit dem Delegierten unseres Kreisverbandes Sigmaringen, Johannes Kretschmann, zu unserer Bundesdelegiertenkonferenz nach Bonn zu fahren.

Mein erster Eindruck, den ich vor dem World Conference Center, in unmittelbarer Nähe zum Rhein sowie zum ehemaligen Kanzleramt, erhielt, stand im Zeichen der Proteste, die rund um die BDK stattfanden. Der Weg aller Delegierten war geschmückt mit „Atomkraft – Nein Danke!“-Plakaten, ein Thema, das sich durch die Debatten der Tage in Bonn zog.

Am ersten Abend der BDK stimmte eine deutliche Mehrheit der Delegierten für den Antrag des Bundesvorstands, der für den äußersten Notfall eine Einsatzreserve für zwei Atomkraftwerke vorsah und die Beschaffung neuer Brennelemente ablehnte. Nur zwei Tage nach der BDK löste Bundeskanzler Olaf Scholz den Streit der Ampel vorerst vermeintlich auf, indem er seine Richtlinienkompetenz einsetzte. Eine Entscheidung, die vor allem in der grünen Fraktion nicht nur auf Zustimmung stieß. Trotzdem beschloss der Bundestag Mitte November die Verlängerung der Laufzeit der drei verbleibenden deutschen Atomkraftwerke bis zum 15. April 2023. Danach soll aber Schluss sein!

Zur Rede Robert Habecks gab Johannes dem Südkurier ein Interview, das hier nachzulesen ist: https://www.suedkurier.de/ueberregional/politik/johannes-kretschmann-ueber-robert-habeck-die-grosse-mehrheit-der-partei-verehrt-ihn;art410924,11324873

Zu kurzen Vorträgen mit der Möglichkeit Fragen zu stellen, luden am ersten Tag der BDK einige unserer grünen Regierungsmitglieder – verschiedene Staatssekretäre und Staatssekretärinnen sowie Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Johannes und ich besuchten ihren Vortrag, bei dem sie einen Schwerpunkt auf die Unterstützung der Ukraine, zum Beispiel in Form von Städtepartnerschaften, legte. Sie verdeutlichte die Bedeutung von Kunst und Kultur für jede Gesellschaft, was auch ein wesentlicher Grund dafür sei, dass Russland in der Ukraine gezielt Theater, Museen und Kultureinrichtungen angreift.

Workshop mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth

Anna Lührmann, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, beantwortete vor allem Fragen zu geopolitischen Themen. Sie bekräftigte die Isolation Russlands gegenüber der Welt, denn auch China halte sich mit klaren Bekenntnissen für Russland zurück.

Während drinnen die Diskussionen liefen, kam es vor der Halle zu interessanten Kombinationen der Protestierenden. Wohl nicht so geplant, lag es wahrscheinlich daran, dass es nur ein einziges Mikrophon gab, fanden sich auf einmal Protestierende gegen das Iran Regime, Gender-Gegner und Antikapitalisten in einem bunten Halbkreis wieder. Irritierte Blicke auf allen Seiten.

Frau, Leben, Freiheit – der Iran war nicht nur vor der Halle Thema, sondern auch zahlreiche Politiker und Politikerinnen nutzten ihre Redebeiträge, um sich mit der iranischen Zivilbevölkerung zu solidarisieren. Vor allem unser Parteivorsitzender Omid Nouripour fand hier klare Worte.

Omid beendete den ersten Abend der BDK indem er seine DJ-Qualitäten zur Schau stellte. Obwohl laut Johannes, das Biermanagement der Partei, zu Wünschen übrigließ, verbrachten wir einen lustigen und langen Abend, bevor wir uns am nächsten Tag wieder viel zu früh zum zweiten Sitzungstag aufmachten.

Der zweite Tag der BDK stand dann ganz im Zeichen des Klimaschutz. Besonders stach hier der Antrag zu Lützerath hervor. Lützerath ist ein Weiler der Stadt Erkelenz in Nordrhein-Westfalen. RWE plant, Lützerath vollständig abzureißen, um den Tagebau Garzweiler auszudehnen.

Luisa Neubauer, Klimaaktivistin und Grünen-Mitglied, bezeichnete in einer umsichtigen Rede, in der sie auch das Engagement der grünen Fraktion in der Ampel hervorhob, das Dorf als Symbol für den Klimaschutz. Es gehe nicht mehr um die Häuser an sich oder um die Bewohner (es leben nur noch Aktivisten in dem Dorf, der letzte Bewohner wurde entschädigt und ist ausgezogen), sondern es gehe um jedes bisschen Kohle, das darunter abgebaggert werden soll. Das 1,5 Grad Ziel sei so nicht zu erreichen.

Luisa Neubauer, Klimaschutzaktivistin und Grünen-Mitglied

Die Delegierten lehnten den Antrag zur Erhaltung Lützeraths, den die grüne Jugend mit eingebracht und unterstützt hatte, mit sehr knapper Mehrheit ab. Mona Neubaur, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie in NRW, hatte gemeinsam mit Minister Robert Habeck im Vorfeld für den ausgehandelten Kompromiss und damit für eine Entscheidung gegen den Antrag geworben.

Neben mitreißenden Reden, Real@- oder Linken-Treffen, Jugendtreffs und Pressegemauschel, gab es auf der BDK zahlreiche Stände der ein oder anderen Lobbyisten. Die kostenlosen Nussmischungen, Kraftriegel und Weinproben wurden von allen Delegierten dankend entgegengenommen.

Für mich blieb sogar etwas Zeit, um eine Freundin wiederzusehen, die inzwischen in Bonn lebt und arbeitet. Bei einer verdienten Tasse Kaffee, führten wir eine interessante Unterhaltung darüber, warum junge Menschen wohl die FDP wählen.

Im Sitzungssaal wurde währenddessen fleißig weiter abgestimmt. Mit einer noch überschaubaren Verspätung wurde die Bundesdelegiertenkonferenz am Sonntagmittag beendet.

Delegierte bei einer von vielen Abstimmungen.