Zusammenfassung der Rede von Gerhard Stumpp, Vors. BUND- Ortsgruppe Sigmaringen, beim Aktionstag ´ Klimagerechtigkeit ´ am 4.3.2023 in Sigmaringen.
Die aktuelle politische Stimmung in vielen Bereichen ist vom einem starken Wunsch nach Rückkehr zu einer so genannten Normalität gekennzeichnet. Corona scheint überwunden, es kam im Winter nicht zu Stromausfällen und ungeheizten Wohnungen, die Spritpreise gehen zurück.
Dabei haben wir allen Grund, alarmiert zu sein und umfangreiche Maßnahmen gegen die Klimaüberhitzung einzuleiten. Die Klima-Uhr des Mercator-Instituts in Berlin zeigt an, dass wir nur noch ein CO2-Budget von 6 Jahren und 4 Monaten haben, bevor wir die 1,5 Grad-Grenze reißen. Das CO2-Budget für die 2-Grad-Grenze reißen wir ohne Gegenmaßnahmen in 24 Jahren und 2 Monaten, die Temperaturangaben sind jeweils bezogen auf den Beginn der Industrialisierung.
Der völkerrechtliche Vertrag des Klimaschutzabkommens von Paris 2015 sieht vor, die Erdüberhitzung möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, aber die 2 Grad-Grenze keineswegs zu überschreiten.
Bereits im Jahr 2007 war ´ Klimakatastrophe ´ das Wort des Jahres. Das Unwort des Jahres 2019 jedoch war ´Klimahysterie´. Verdrängungsmechanismen und Bagatellisierungen haben in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass notwendige Klimaschutzmaßnahmen nur teilweise oder gar nicht angegangen wurden. Verfechter von Klimaschutzmaßnahmen werden als naive Gutmenschen ( Unwort des Jahres 2015 ) oder als Hysteriker abqualifiziert.
Hier vor Ort in Sigmaringen hat die Verleihung des European Energy-Awards in Gold im Jahr 2020 eine Art Selbstzufriedenheit ausgelöst. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die Anforderungen für Rezertifizierungen ständig steigen.
Im städtischen Haushalt wurde in 2023 die Stelle eines Klimaschutzmanagers bzw. Klimaschutzmanagerin um 50% gekürzt und soll im laufenden Jahr vorerst nicht neu besetzt werden. Dabei sieht das alte Klimaschutzkonzept von 2013 vor, dass das vom Gemeinderat beschlossene energiepolitische Aktivitätenprogramm (bis zum Jahr 2020) und die qualitative und quantitative Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen nur über einen zukünftigen Klimaschutzmanager erfolgen kann.
Defizite bei der Mobilitätswende.
In Sigmaringen gibt es noch viele Defizite bei der Mobilitätswende. Die Monatsfahrkarte des Stadtbusses ( 43,60 € ) ist teurer als die Monatsmiete ( 35 € ) eines Parkplatzes im Parkhaus. Die Tagesfahrkarte Stadtbus beträgt 3,20 €, während sich die maximale Tagesgebühr für die öffentlichen Parkplätze auf 2 € beläuft. Der große stadtnahe Parkplatz beim Stellwerk der Bahn mit ca. 65 Plätzen ist immer noch gebührenfrei und verhindert durch Dauerbelegungen einen Parkplatzwechsel für den Einzelhandel.
Die Stadt zahlt 10 Jahre lang jeweils 30 000€ als Freiwilligkeitsleistung für die B311/313neu zwischen Mengen und Meßkirch. Angesichts der Defizite bei der CO2-Einsparung im Verkehrsbereich erscheint es durchaus denkbar, dass eine große neue Trasse durch den Wald ( z.B. die Nordtrasse ) wegen neuer Klimaschutzgesetze nie gebaut werden wird.
In der so genannten verkehrsberuhigten Zone im Bereich der Fidelis- und der Schwabstraße können pro Stunde regelmäßig über 60 Fahrzeuge gezählt werden. Von Verkehrsberuhigung keine Spur. Vier neue Parkplätze sollen in diesem Bereich laut Mehrheitsbeschluss des Gemeinderats geschaffen werden. Das bedeutet wahrscheinlich mehr Parkplatzsuchverkehr.
Gemeinden wie Tuttlingen und Radolfzell dagegen haben Mobilitätskonzepte. Sie haben 1€-Bus-Tickets und verteuern den innerstädtischen Parkraum. Auch in Sigmaringen sollte ein zu erstellendes Mobilitätskonzept den Menschen statt dem Auto zum Maßstab haben.
Das heißt: Mehr umweltfreundlichen Verkehr und weniger Privilegien für den überwiegend mit fossilem Treibstoff betriebenen Autoverkehr!
Wenn wir unsere Kinder und Enkel wirklich lieben, sollten wir ihnen gute Lebensbedingungen ohne Klimaüberhitzung ermöglichen!
Gerhard Stumpp