Legalisierung von Cannabis – Veranstaltungsbericht

Am 24. Mai 2022 fand in Bad Saulgau die Veranstaltung „Ein Joint geht immer?!?“ statt. Anlass war die geplante Legalisierung von Cannabis durch die jetzige Bundesregierung. Initiiert wurde die Veranstaltung vom Gesamtelternbeirat Bad Saulgau. Dieser wurde von den verschiedenen Institutionen sofort bei diesem Vorhaben unterstützt. Mit einem Kurzreferat beteiligten sich Polizeipräsident Uwe Stürmer aus Ravensburg, Fabian Hengstler, Polizeihauptkommissar und für Prävention zuständig, Dr. Ulrike Amann vom Zentrum für Psychiatrie in Weissenau, Janine Stark, Kommunale Suchtbeauftragte des Landkreises Sigmaringen und Sebastian Schneider von der AGJ Suchtberatung Sigmaringen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Redakteur Dirk Thannheimer von der Schwäbischen Zeitung und Sponsoren sowie die Stadtverwaltung Bad Saulgau sorgten dafür, dass sie ohne Eintrittsgebühr stattfinden konnte.

Laut den Polizeivertretern sei der Konsum von Cannabis auch in unserer Region stark angestiegen, auch bei unter 18jährigen. Dies könne man bei Straßenverkehrskontrollen ebenso beobachten. Da nun die Ausgestaltung des neuen Gesetzes noch nicht bekannt sei, sei die Verunsicherung allerorten groß, auch bei der Polizei. Man könne noch nicht einschätzen, wie sich dadurch der Gebrauch verändere. Besonders sorgt man sich bei der Polizei um die Jugendlichen und mahnt dringend mehr Mittel für Prävention und Beratung an.

Besonders riskant seien die sehr unterschiedlichen Qualitäten von Cannabis, die man auf der Straße bekommt sowie auch der gleichzeitige Verkauf von stärkeren Drogen.  Eine gewisse Sicherheit wäre durch eine kontrollierte Abgabe und einem moderaten THC-Gehalt von Cannabis daher schon gegeben.

Jedoch könne die Polizei keinesfalls den kompletten Schwarzmarkt kontrollieren. Für den Jugendschutz müssen die Gesellschaft und viele Partner aus dem Jugendbereich zusammenarbeiten.

Ab und an könne man zwar Ermittlungserfolge gegen Händlerstrukturen aufweisen, diese seien aber schnell wieder durch neue Strukturen ersetzt.

In jedem Fall bleibt aber das Verbot einer Nutzung von Cannabis im Straßenverkehr erhalten. Werde ein Jugendlicher ertappt, wird wie bisher eine Info an die Führerscheinstelle weitergeleitet, bzgl. der „Eignung des Antragstellers“.

Frau Dr. Amann vom ZfP Weissenau erläuterte die gesundheitlichen Folgen eines regelmäßigen oder übermäßigen Konsums von Cannabis, die ganz besonders durch eine regelmäßige Nutzung in jungen Jahren auftreten. (Links dazu siehe unten.)

Für den Cannibis-Missbrauch gelten die gleichen Gründe, wie für andere Süchte, erklärte sie: Suchen von Anerkennung in der Gruppe, Abbau von Hemmungen, Entlastung von Stress in Schule, Familie oder Beruf, Lösen von den Eltern, schädliche Bewältigungsstrategie für unangenehme Empfindungen.

Allerdings gibt es auch wie bei anderen Suchtgefahren eine Reihe von Schutzfaktoren: gute Beziehungen – zu Eltern, Freunden, Familie oder anderen Erwachsenen (Trainer etc.), gute Vorbilder, Verlässlichkeit und Transparenz bei den Erwachsenen, Erfolgserlebnisse, positive Erfahrungen in Schule und/oder Freizeit/Familie . . .

Die Risikofaktoren sind u. a. psychische Erkrankungen, geringer sozialer Schutz, entsprechender Freundeskreis, gestörte Beziehungen (Familie), Eltern mit Suchterfahrung oder sozialen und emotionalen Problemen.

Sebastian Schneider, von der AGJ Suchtberatung in Sigmaringen empfahl den Eltern, das Thema beständig und transparent mit den Kindern zu besprechen und nicht zu dramatisieren. „Bleiben Sie mit ihrem Kind im Gespräch“, so sein Rat. (Infos dazu siehe unten.)

Janine Stark stellte die Prävention im Kreis Sigmaringen vor. Die Hauptaufgaben der Kommunalen Suchtbeauftragen sind zum einen die Vernetzung der Beteiligten in der Suchthilfe und Suchprävention. Zum anderen kann man bei ihr zu verschiedenen Themen und für verschiedene Zielgruppen hochwertiges Präventions-Material ausleihen.

Das Fazit nach den Kurzreferaten und nach der Diskussion mit den Referenten:

  • Alle gesellschaftlichen Gruppen müssen zusammenarbeiten.
  • Prävention und Beratung müssen ausgebaut werden und mehr Mittel erhalten.
  • Kinder stärken, achtsam sein und im Gespräch mit den Kindern bleiben.

Mai 2022 – Susanne Petermann-Mayer

Links:

B90/Die Grünen: https://www.gruene.de/themen/drogenpolitik

Koalitionsvertrag, Auszug (S. 87 https://www.gruene.de/artikel/koalitionsvertrag-mehr-fortschritt-wagen):

Drogenpolitik
Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein. Dadurch wird die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet. Das Gesetz evaluieren wir nach vier Jahren auf
gesellschaftliche Auswirkungen. Modelle zum Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung ermöglichen und bauen wir aus.“

Bundesgesundheitsministerium: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/

Bundesdrogenbeauftragter:  https://www.bundesdrogenbeauftragter.de/

Aufklärungsseite der Diakonie Friedrichshafen über Substanzen, Beratung, Therapie: https://www.pille-palle.net/

Suchtberatung Sigmaringen, Infoblatt Cannabis und Position der AGJ zur Legalisierung von Cannabis im Download: https://www.suchtberatung-sigmaringen.de/

Weitere Seitenempfehlungen:

Präventionsprogramm Cannabis aus NRW: https://www.starkstattbreit.nrw.de/

Für Betroffene, mit Beratungsstelle in Tübingen: https://www.quit-the-shit.net

Beratung bei Drogenkonsum: https://realize-it.org

Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Internetportal informiert über legale und illegale Drogen und bietet Austausch: https://www.drugcom.de

Landkreis Sigmaringen, Kommunale Suchtbeauftrage Janine Stark:https://www.landkreis-sigmaringen.de/de/Landkreis/Suchthilfe/Kommunale-Suchtbeauftragte