09.04.2018: (WL) Grüner Stadtrat Lohmiller nach Besuch bei mtu ziemlich ERNÜCHTERT.
Ist es wirklich für alle Bahnfahrer eine „Gute Nachricht“ , dass die Bahnstrecke zwischen Tübingen und Sigmaringen elektrifiziert werden soll? Dies fragt sich der Grüne Bad Saulgauer Stadtrat Wolfgang Lohmiller, der auch Kontaktperson der VerkehrsClub Club Deutschland (VCD) für den Kreis Sigmaringen ist. Für die Teilstrecke Sigmaringen-Aulendorf sind nämlich alternative Antriebe wie der Hybrid-Zug im Gespräch. Müssen die Bad Saulgauer nicht befürchten, dass sie vom IRE nach Sutttgart abgehängt werden? Ließe sich ein Hybrid-Zug überhaupt an eine E-Lok anhängen in Sigmaringen? Und von dort aus müsste er von der E-Lok gezogen werden?
Mit all diesen Fragen im Gepäck hat Stadtrat Lohmiller sich einer Besichtigung der Firma mtu in Friedrichshafen angeschlossen, zu der der Grüne Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel am letzten Mittwoch eingeladen war. Hierbei ging es in erster Linie um die Bodensee-Gürtel-Bahn zwischen Friedrichshafen und Radolfzell, aber natürlich ist mtu auch daran interessiert, die Linie zwischen Stuttgart und Aulendorf zu bedienen. In diesem Zusammenhang wurde aber schnell klar, dass es der zu Rolls-Royce gehörenden Firma nicht nur um die kurze Strecke Aulendorf – Sigmaringen geht. Vielmehr würde die ganze Strecke mit den jetzigen VT 612 – Zügen befahren, die durch ein Re-Powering auf Diesel-Motor und Batterie umgestellt würde, wie Dr. Peter Riegger, Director Research and Technology bei mtu, erläuterte. Drehgestell und Räder würden bleiben. Die Batterien würden aus den Dieselmotoren und auch durch Wärmerückführung beim Bremsen geladen. Hierdurch könnten Tunneldurchfahrten – auch bis zum Tiefbahnhof Stuttgart 21 – elektrisch gefahren werden. Auch zwischen Tübingen und Stuttgart würde der Fahrdraht nicht benötigt. Ein Stromabnehmer könnte eingebaut werden, dies würde das Gewicht des Zuges aber stark vergrößern. Ansonsten wäre die Modernisierung der VT – Züge gewichtsneutral machbar. Die mtu geht davon aus, dass Hybrid-Fahrzeuge in den Stuttgarter Tiefbahnhof einfahren dürfte. Mdb Matthias Gastel möchte dies aber bei der DB und bei der NVBW (Nahverkehr Baden-Württemberg) genauer nachfragen.
In einer technischen und wirtschaftlichen Bewertung alternativer Antriebskonzepte, das die Bayerische Eisenbahngesellschaft BEG in Auftrag gegeben hat, werden drei Möglichkeiten verglichen: Batterie-Hybrid Triebzüge mit Oberleitung Akkumulatoren, die eine oberleitungsfreie Überbrückung einer Reichweite von 60 km ermöglichen würden, Triebzüge, deren dieselelektrischer Antrieb um einen Energiespeicher erweitert wurde (wie die von MTU) und Batterie-Hybrid Triebzüge die statt eines Dieselmotors eine Brennstoffzelle als Hauptenergiequelle verwenden.
Beim Einsatz hybrider Antriebsstrukturen mit Batteriespeichern muss je Um- lauf eine Nachladezeit von ca. 20 Minuten (abhängig von Batteriekapazität und Entladungstiefe) berücksichtigt werden.
Nach der BEG – Studie zeigen die Ergebnisse einen deutlichen Vorteil der Elektrotraktion, wenn der Betrieb mit hohen Taktzahlen (ab einem Angebot im Stundentakt) durchgeführt wird. Außerdem rechnen sich die elektrischen Antriebskonzepte, wenn schon ein größerer Streckenanteil elektrifiziert ist. Ausgehend von einer Gesamtstrecke Stuttgart-Aulendorf mit 203 km betrüge die Strecke Sigmaringen – Aulendorf mit etwa 44 km etwas mehr als ein Fünftel. Die Züge fahren auf dieser Strecke mindestens stündlich, zwischen Sigmaringen und Herbertingen, wo auch die Donautalbahn fährt, sogar halbstündlich, wie Lohmiller betont.. Hinzu komme der nicht unerhebliche Güterverkehr, der von Mengen ausgeht und bei einer Elektrifizierung über Aulendorf direkt an den Fernverkehr anschließen würde. Zudem sind die Kosten für eine Elektrifizierung der Strecke Aulendorf – Sigmaringen nach Lohmiller über schaubar: So wurde auf Betreiben Lohmillers die Bahnquerung der Bad Saulgauer Kernstadtentlastungsstraße so gebaut, dass eine Elektrifizierung möglich ist, dasselbe ist für den geplanten Rad-und Fußgängerüberweg geplant. Auch die Bahnbrücke vor Mieterkingen ist hoch genug.
Grundsätzlich hält Lohmiller eine Umrüstung der bestehenden Diesel-Triebwagen auf Hybrid-Fahrzeuge auf durchgängig nicht elektrifizierten Strecken für sinnvoll, weil hierdurch bis zu fünfundzwanzig Prozent des Kraftstoffverbrauchs eingespart werden könnten.