Auf Einladung des Kreisverbands von Bündnis 90/ Die Grünen kam am Montag, 15. April 2019 die europapolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion Dr. Franziska Brantner in die Alte Schule nach Sigmaringen. Nach der Begrüßung durch Kreisvorstandmitglied Ina Schultz erzählte Brantner von ihren ganz persönlichen Brexit-Erfahrungen. Bei einem Parteitag der britischen Konservativen Torries konnte sie miterleben, wie Brexit-Befürworter bei Fragen nach Wasserrichtlinien, europäischen Herkunftsregeln, südeuropäischen Saisonarbeitern und Geldern für die Landwirtschaft zu Brexit-Zweiflern wurden.
Und da zeigte sich nur ein kleiner Teil der Vorteile der EU. „Europa ist unsere Chance“, so Brantner, „eine Handlungsebene, ohne die die zukünftigen Herausforderungen kaum zu meistern sind.“
Sie betonte, dass man dem Klimawandel begegnen müsse, z.B. durch eine CO2-Besteuerung. Die Wirtschaft werde hier derzeit mit zu vielen Zertifikaten subventioniert, während alle die langfristigen Kosten zahlen würden. Für ein faires Europa müssten Mindeststandards durchgesetzt werden: „Da fällt leider Deutschland negativ auf“, sagte Brantner. „Durch die Umgehung der Mindestlohnregeln werden Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten ausgebeutet.“ Ein wichtiges Ziel sei der Schutz der Demokratie. So sollten die Anti-Europäer und Nationalisten bestenfalls unter einem Drittel bleiben, da wichtige Entscheidungen in der EU eine Zweidrittel-Mehrheit brauchen. Sanktionen für Demokratieverletzende Regierungen dürften nur diese Regierung treffen und nicht die jeweilige Bevölkerung, so Brantner.
In der folgenden lebendigen Diskussion stellte sich heraus, wo Deutschland auch derzeit negativ auffällt: „Die Nitratwerte im Grundwasser werden nicht eingehalten, dafür zahlt Deutschland Strafen an die EU.“ Durch zusätzliche Wasseraufbereitung würde zudem das Wasser für uns teurer. In dem Zusammenhang wies Brantner darauf hin, dass Deutschland derzeit 76 EU-Gesetze noch nicht umgesetzt hat, vorwiegend im Bereich Umwelt und Verkehr. Deshalb seien wir sind in der Umsetzungsquote im hinteren Drittel, mit anderen Worten Deutschland steht auf der Bremse. Bei der Frage nach dem Dieselskandal und Fahrverboten wies Brantner auf die „deutsche Wahrnehmung“ hin, die von den EU-Partnern mit Unverständnis betrachtet wird. In anderen Ländern gebe es längst Fahrverbote. Vielleicht würde eine breitere Berichterstattung hier manchem die Augen öffnen. Beim Stichwort Klimaflüchtlinge wurde klar, dass es keine einfachen Antworten gibt: „Wir müssen jetzt radikal handeln, sonst wird es radikal für uns.“ Dabei hofft Brantner nicht auf „den besseren Menschen“, sondern sieht die Aufgabe der Politik im Schaffen besserer Rahmenbedingungen.
