Mobilität im Landkreis Sigmaringen

Grüne Kreistagsfraktion im Austausch mit der Kreisverwaltung Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag erörterte mit Vertretern der Kreisverwaltung aktuelle Fragen der Mobilität im Landkreis Sigmaringen. Fraktionsvorsitzender Johannes F. Kretschmann hatte das Treffen organisiert und ein umfangreiches Arbeitspapier zu den Themen Bahn, Bus, Fahrrad und Automobil vorbereitet. Rolf  Vögtle, Erster Landesbeamter in Vertretung von Landrätin Stefanie Bürkle bezeichnete den intensiven Informations- und Meinungsaustausch als sehr konstruktiv und stellte zahlreiche Übereinstimmungen zwischen Fraktion und Verwaltung in der Bewertung der verschiedenen Sachverhalte fest. Einigkeit bestand in der Forderung nach einem zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke  Mengen – Herbertingen. Kreisrat Hermann Brodmann bedankte sich für den Einsatz der Landrätin und der Kreisverwaltung für den Bahnhalt Sigmaringendorf. Dort hatte die Bahn zunächst eine massive Reduzierung der Zustiegsmöglichkeiten angekündigt, die weitgehend verhindert werden konnte. Bei der Langsamfahrstelle Talhof im Oberen Donautal will die Bahn vor 2027 nichts unternehmen. Im Gegensatz zu Bündnis 90/Die Grünen bewertet die Kreisverwaltung die Reaktivierung der Ablachtalbahn mit großer Zurückhaltung, zumal dies eine Aufgabe des Landes sei. Im Vordergrund stehe zunächst die Elektrifizierung der Zollernbahn von Albstadt bis Sigmaringen (und später bis Aulendorf) sowie die Elektrifizierung der Donautalbahn. Zeitplan und Inhalte des Nahverkehrsplans des Landkreises Sigmaringen wurden von den Vertreterinnen und Vertretern der grünen Kreistagsfraktion positiv zur Kenntnis genommen. Max Stöhr, Fachbereichsleiter Kommunales und Nahverkehr,
will den Nahverkehrsplan bis Ende 2021 fertigstellen. Bevor die Planung in den Kreistag geht, sind am 9. Juli die beteiligten Akteure, darunter auch Vertreter der Kreistagsfraktionen, zu Anhörung und Diskussion nach Bingen eingeladen. Inhalte des Nahverkehrsplans sind nicht nur die Verbesserung des Linienangebots, sondern auch Themen wie Barrierefreiheit, kundenfreundliche  Fahrgastinformation, Fahrzeugausstattung, Servicequalität, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Stöhr betonte ferner die verbesserte Steuerungsmöglichkeit des Landkreises durch eine Änderung der Landesfinanzierung sowie eine neue Einnahmenaufteilung im naldo-  Verkehrsverbund. Bei der Neuvergabe von Linienbündeln werden attraktive und weniger attraktive Linien kombiniert, so dass weiterhin ein eigenwirtschaftlicher Betrieb möglich sei. Er kündigte zudem die Einrichtung der zweiten Regiobuslinie 600 Sigmaringen – Meßkirch an. Sie bedient auch das Sigmaringer Krankenhaus und
ist in Pfullendorf mit dem Regiobus 500 Sigmaringen-Überlingen verknüpft. Übereinstimmung bestand in der Notwendigkeit des Abbaus „innerer Barrieren“ gegen den Öffentlichen Personennahverkehr. So würden bei Preisvergleichen mit dem Individualverkehr meist die wesentlichen Kosten etwa des Autos außer Acht gelassen. Im Abbau dieser „inneren Barrieren“ liegt eine der zahlreichen Aufgaben
des auf Antrag der Grünen empfohlenen künftigen Klimaschutzmanagers, über den der Kreistag ebenfalls im Juli beraten wird.

Die Fraktion erkundigte sich überdies nach der Situation auf dem Großen Heuberg, wo zwar Ruhe eingekehrt ist, aber nach wie vor von der Gemeinde Stetten a.k.M. und der Stadt Sigmaringen subventionierte Buslinien parallel zur Bahn unterwegs sind. Das Verkehrskonzept Großer Heuberg fand nicht die gewünschte Akzeptanz. Für den naldo-Verkehrsverbund regte Kreisrat Helmut Bussmann eine weitere Ticketaufsplittung, zum Beispiel eine naldo-Zehnerkarte, an. Kreisrätin Susanne Scham erinnerte an die Notwendigkeit eines flächendeckenden Stundentakts. Rolf
Vögtle schloss diesen Punkt mit der zuversichtlichen Prognose: „Der ÖPNV wird in seiner Bedeutung wachsen.“ Mit der Fertigstellung der Radverkehrskonzeption Landkreis Sigmaringen 2014 und
anderen Maßnahmen unterstützt der Kreis die Gemeinden bei der Einrichtung von Radwegen. Nur Radwege an Kreisstraßen fallen in die Verantwortung des Kreises. Die finanzielle Beteiligung des Kreises am Bau neuer Radwege wird im Juli erneut  Thema im Kreistag sein. Kämmerer Josef Schnell gab bekannt, dass die Verwaltung im Rahmen des „Landesförderprogramms Mobilität neu“ einen Antrag zur Förderung eines Radverkehrskoordinators gestellt hat. Die Förderung werde aber nur über zwei Jahre gewährt, während Fördervoraussetzung ist, dass die Person für mindestens vier Jahre eingestellt wird. Die endgültige Entscheidung wird vom Kreistag getroffen. Die Fraktion der Grünen unterstützt dieses Vorhaben ausdrücklich und sieht bei anderen Fraktionen entsprechendes Zustimmungspotenzial. Helmut Bussmann und Hermann Brodmann baten darum, dass der Radverkehrskoordinator sich um die fehlenden Lückenschlüsse und die Übergänge zu anderen Landkreisen kümmern solle. Auch eine Radwegekarte Landkreis Sigmaringen wurde vorgeschlagen. Franziska Rumpel, Fachbereichsleiterin Straßenbau, erläuterte das Thema Automobil. Die Planung B311 wird derzeit im Landkreis neu aufgesetzt. Den Planfeststellungsbeschluss fassen Regierungspräsidium und Bund. Der Straßenplaner hat seine Arbeit inzwischen aufgenommen. Lothar Braun-Keller und
Johannes Kretschmann forderten für die grüne Kreistagsfraktion eine offene Informationspolitik hinsichtlich des Planungsfortgangs. Der gute Zustand der Kreisstraßen und damit der Umfang des Kreisstraßenerhalts stellt nach Kämmerer Josef Schnell eine Möglichkeit dar, bei zu erwartender schwieriger Haushaltslage Ausgaben zurückzufahren oder auf bessere Zeiten zu verschieben. Für den Kreishaushalt 2020/21 müsse auch das Ausbaukonzept neu diskutiert werden. Dies ist mit ein Anliegen der grünen Fraktion im Kreistag. Zustimmung erntete Josef Schnell für die Feststellung, dass die Kreisstraßen vor allem durch den stetig zunehmenden Schwerlastverkehr abgefahren werden. Auf Nachfrage von Kreisrätin Anna Pröbstle berichtete Franziska Rumpel von Erfolgen
bei der Erzielung von mehr Biodiversität an Kreisstraßen.

01.07.2020
Hermann Brodmann
Kreisrat
Bündnis 90/Die Grünen