Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Ehm, sehr geehrter Herr erster Beigeordneter Aßfalg, sehr geehrte Damen und Herren,
der Haushaltsplan 2020 beendet jäh eine viele Jahre dauernde Phase, in der die Stadt stolz darauf war, keine neuen Schulden aufnehmen zu müssen. Für kurze Zeit war der städtische Haushalt sogar gänzlich schuldenfrei. Und so kann es durchaus als Schock wirken, wenn plötzlich eine Kreditaufnahme von ca. 16 Mio. € ins Haus steht und die Auszahlungen für Investitionstätigkeiten das Rekordniveau von ca. 24 Mio. € erreichen.
Dennoch lassen sich diese enormen Ausgaben rechtfertigen, wenn wir die Kreisstadt Sigmaringen auf den Pfad einer modernen, bürgerfreundlichen, zukunftsorientierten und dem Grundprinzip der Nachhaltigkeit verpflichteten Kommune bringen wollen. Die extreme Niedrigzinsphase macht es möglich, bei den Investitionen nicht zu zögern, sondern in größerem Ausmaß strategische Zukunftsaufgaben anzugehen.
Einige Großprojekte wurden bereits begonnen.
An erster Stelle ist hier der Innovationscampus zu nennen, der mit 7 Mio. € bedacht werden soll. Die Gesamtkosten für dieses Leuchtturmprojekt werden sich am Ende auf ca. 17,1 Mio.€. belaufen, wobei die Stadt mindestens 7 Mio. € Zuschüsse erhält. Es ist geplant, die Modellfabrik im kommenden Jahr 2020 einzuweihen. Der Innovationscampus soll die Beziehungen zwischen der Hochschule Albstadt/ Sigmaringen, den regionalen Unternehmen und der Standortkommune stärken und zu einer wirtschaftlichen Aufbruchstimmung verhelfen. Zusammen mit dem Interkommunalen Gewerbegebiet Graf Stauffenberg werden auf dem Konversionsgelände neue Arbeitsplätze entstehen.
Mit EQSIG ( energieautarkes Quartier Sigmaringen ) soll durch den Zusammenschluss verschiedener regenerativer Energieträger ein innovatives Wärmenetzkonzept auf dem Konversionsgelände realisiert werden. Auch hier sind die Investitionskosten hoch. Aber aus unserer Sicht wäre es töricht, einen bewilligten Zuschuss von 5,3 Mio € bei veranschlagten Gesamtkosten von über 11 Mio. € nicht zu nutzen. Hier erscheint uns das unternehmerische Risiko tragbar zu sein. Die Errichtung einer Wärmeversorgung auf fossiler Basis auf dem Konversionsgelände halten wir nicht für zukunftsfähig.
Als Schulstadt investiert Sigmaringen auch verstärkt in die Sanierung der Schulgebäude und in die moderne Ausstattung der Bildungseinrichtungen. Es sollen nochmals 2,7 Mio € in die Modernisierung und Ausstattung des Hohenzollerngymnasiums fließen ( Gesamtinvestition 11,2 Mio.€ ). Ein weiterer Investitionsschwerpunkt wird die Bilharz-Grundschule und die Bilharz-Haupt- und Werkrealschule werden. In 2020 sind insgesamt 1,25 Mio € an Planungsraten vorgesehen. Die Gesamtinvestition wird sich auf über 13 Mio € in den kommenden Jahren belaufen.
Die Fraktion Bündnis90/ Die Grünen setzt sich dafür ein, dass alle städtischen Schulen groß dimensionierte Photovoltaik-Anlagen erhalten. Einen entsprechenden Prüfauftrag für das HZG hat die Fraktion schon 2018 erteilt.
Die Ausstattung mit Breitbandnetz bis in die Schulgebäude soll 2020 abgeschlossen werden. Die Schulen erhalten zahlreiche moderne Medien ( Tafeln mit Beamern, Lehrerschreibtische inklusive Visualizer ). Es liegt nun an den Schulen, die neuen Möglichkeiten mit entsprechenden pädagogischen Konzepten zu nutzen.
Für unsere Kleinen soll in der Kernstadt ein neuer Kindergarten mit 3 Gruppen gebaut werden. Hier wird eine Planungsrate von 625 000 € eingestellt. Wir Grünen werden darauf achten, dass bei diesem Neubau der energetische Standard an die Klimaschutzzielen von 2050 ausgerichtet wird. Wie der Geschäftsführer der Energieagentur Ravensburg, Walter Göppel, sind wir der Ansicht, dass bei der Bautätigkeit in den Kommunen Klimaneutralität erreicht werden muss. Für uns Grüne gilt dabei eine Vorbildfunktion bei städtischen Liegenschaften, schließlich will sich die Stadt bei der Zertifizierung nach den Kriterien des European Energy Award ( EEA ) nicht mit Silber zufriedengeben, sondern strebt eine Zertifizierung in Gold an. Hierbei spielt auch der energetische Zustand von Gebäuden eine Rolle. Für eine Dachdämmung an der Luise-Leiniger-Schule und für eine energetische Teilsanierung des Bauhofs sind Haushaltsmittel vorgesehen. Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen wünscht sich, dass die lange Prioritätenliste ´ energetische Sanierung kommunaler Liegenschaften ´ in den kommenden Jahren zügig abgearbeitet wird.
Sollte der Stadt eine EEA-Zertifizierung in Gold gelingen, wäre sie die erste Kommune im Landkreis, die einen solchen Status erreicht hätte.
Bereits am 29.9.2019 ist die Stadt als erste Kommune im Landkreis als Fairtrade-Stadt ausgezeichnet worden. Durch die Förderung des Fairtrade-Handels wird ein kleiner, aber sichtbarer Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern der Waren geleistet.
Die Stadtwerke Sigmaringen werden im neuen Jahr von einem Eigenbetrieb der Stadt in eine privatrechtliche GmbH umgewandelt. Befürchtungen, dass damit die allgemeine Daseinsvorsorge z.B. im Bereich der Wasserversorgung beeinträchtigt werden könnte, sind unbegründet. Der Gemeinderat der Stadt wird weiterhin das letzte Wort bei wichtigen Entscheidungen haben.
Die Stadtwerke planen, viel Geld in zukunftsträchtige neue Geschäftsfelder zu investieren wie zum Beispiel in die Elektromobilität, die Heatbox und das Programm Solardach Plus. 90% der für Photovoltaik geeigneten Dächer in Sigmaringen sind immer noch nicht mit Photovoltaik bestückt. Der Verkauf von umweltfreundlich erzeugtem Strom für Elektro-Autos ist ein zukunftsträchtiges Geschäftsfeld für die Stadtwerke. Hier gilt es, für die Energiewende kräftig zu werben und praktische Erfolge zu erzielen.
Erfreulich entwickeln sich die Zahlen bei der Eigenenergieerzeugung ( Beteiligung an Solar- und Windparks ). Im Bereich der Telekommunikation müssen jedoch die Stadtwerke länger als geplant mit der Breitbandgesellschaft Landkreis Sigmaringen ( BLS ) beim Ausbau der Netze in Vorleistung gehen, weil die Bundesregierung die an ihre Grenzen kommende Technik des Vectoring immer noch begünstigt. Sobald aber sehr hohe Datenübertragungszahlen Standard werden, wird die Glasfasertechnologie ihre Vorteile ausspielen können.
Das Freibad wurde umfangreich modernisiert und attraktiver gestaltet und soll im Mai 2020 wiedereröffnet werden. Die Gesamtlage der Finanzen auf Seiten der Stadt und der Stadtwerke wird es aber in den kommenden Jahren nicht erlauben, ohne umfangreiche Zuschüsse einen Hallenbadneubau zu realisieren.
Wir Grünen fordern für die Stadt ein Mobilitätskonzept. Hierzu gehört, die aktive Mobilität ( zu Fuß gehen und Radfahren ) zu stärken. Dazu gehört auch, die Nutzung des Stadtbusses attraktiver zu gestalten. Mit dem Rufbus sind hier schon Schritte in die richtige Richtung getan. Die Aufenthaltsqualität im Innenstadtbereich soll durch ein Zurückdrängen der Automobilität verbessert werden. Die Hin- und Rückfahrt in die Innenstadt mit dem umweltfreundlichen Stadtbus soll nicht teurer sein als die Fahrt mit dem Auto und das Parken in der Innenstadt. Wir begrüßen die Einstellung von Geldern für bis zu 18 Fahrradboxen. Ab 2021 soll es einen beleuchteten Radweg zwischen Laiz und der Stadt entlang der Verbindungsstraße geben. Auch wenn Teile des Radwegekonzepts zeitlich nach hinten geschoben wurden, muss es doch Ziel sein, das Konzept in den nächsten Jahren vollständig umzusetzen.
Im Bereich Tourismus hat Sigmaringen in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Das Angebot mit Premiumwanderwegen, Schaukelpfad, Skaterpark, Calisthenics-Anlage, Campingplatz und Jugendherberge wurde jetzt noch mit einem Flowpark im Antoniustäle für Radfreunde ergänzt. Hierfür konnten auch Zuschüsse vom Naturpark Obere Donau akquiriert werden. Auch die Fußgängerbrücke über die Eisenbahn zur Wanderrunde Laiz/Inzigkofen mit Hängebrücke im fürstlichen Park Inzigkofen wurde mit Naturparkmitteln teilfinanziert. Es wäre eine weitere Stärkung des Tourismus, wenn sich Sigmaringen erfolgreich um einen Naturpark-Infopoint-Pavillon bewerben könnte.
Jetzt endlich gibt es einen Investor für einen Hotelneubau links der Donau gegenüber dem Schloss. Dadurch bekommt die Stadt künftig mehr Übernachtungsgäste und die Flaniermeile auf beiden Seiten der Donau wird dadurch noch attraktiver. Die Stadthalle wird als Tagungsort interessanter.
In der Kernstadt und in den Teilorten Laiz, Gutenstein und Unterschmeien werden erhebliche Mittel in die Umsetzung der Friedhofskonzepte gesteckt, um den Wünschen der Bevölkerung in einer sich ändernden Bestattungskultur gerecht werden zu können.
Um die Hochwassergefahren für Jungnau zu reduzieren, muss 2020 endlich ein Zweckverband Lauchert gegründet werden, damit Fördergelder für Schutzmaßnahmen fließen können.
Wir Grüne wollen den ökologischen Umbau der Stadt mit weniger Energieverbrauch, mehr Anteil an regenerativen Energien, mehr umweltfreundlicher Mobilität und mit mehr Blühflächen voranbringen. Zur sozialen Gerechtigkeit gehört aber auch das Angebot von bezahlbarem Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen mit ihren sehr unterschiedlichen Lebenssituationen. Mit der Ausweisung von Bauflächen am Siedlungsrand muss deutlich sparsamer umgegangen werden als bisher und es müssen Antworten auf die Fragen für das Zusammenwohnen der Generationen und insbesondere für die zunehmenden Zahl von Hochbetagten gefunden werden. Das Ausweisen etlicher neuer Baugebiete nach §13b ohne ökologische Ausgleichsmaßnahmen halten wir in Zeiten der Sorge um Artenvielfalt- und Biotopschutz für verfehlt. Für die Diskussion über die künftige Bereitstellung von Wohnraum könnten eine externe Beratung oder ein Workshop hilfreich sein.
Der Landkreis hat sich die Beteiligung an 2 Großprojekten im Bereich Mobilität vorgenommen. Unsere Fraktion unterstützt dabei ausdrücklich die Planungen zur Elektrifizierung der Bahnstrecke Sigmaringen-Albstadt-Tübingen.
Wir lehnen es aber ab, als Kommune Planungskosten für die B 311/313-neu zu übernehmen, mit dem möglichen Ergebnis, dass der Verkehr der Bundesstraße von Ulm nach Freiburg auf die bestehende Trasse bei Laiz geführt wird. Wir lehnen auch eine Trassenführung mitten durch den Wald ab. Mit der LKW-Maut und der CO2-Bepreisung stehen 2 Mittel zur Verfügung, den ausufernden Lastwagenverkehr zu reduzieren.
Im vorliegenden Haushaltsplan stecken jede Menge Möglichkeiten, mit denen eine von Nachhaltigkeit geprägte Zukunft gestaltet werden kann. Alle Entscheidungen der Stadt sollten künftig einer Klimaschutzprüfung , d.h. einer Enkelverträglichkeitsprüfung unterzogen werden.
Wir danken allen, die an dem vorliegenden Haushaltsplan mitgewirkt haben. Wir danken Herrn Aßfalg, Frau Weigele und Herrn Dr. Ehm, die uns unsere Fragen beantwortet haben sowie der gesamten Verwaltung. Wir bedanken uns auch bei den Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat für die stets gute und sachbezogene Zusammenarbeit. Wir stimmen dem Plan trotz Bedenken zu.